FÜNF

 

5.1  Die Einheit des Bewußtseins

1Vom Materieaspekt her betrachtet, ist der Kosmos gleichzeitig eine unerhörte Vielfalt und eine Einheit. Die Monaden, welche den einzigen Inhalt des Kosmos ausmachen, sind in erster Linie Individuen. Die Individuen werden zu Aggregaten vereinigt. Kleinere Aggregate gehen in größeren auf, diese wieder in noch größeren. Zuletzt ist alles zu einer Einheit zusammengebaut worden. Diese Einheit nennen wir Kosmos.

2Aus dem Bewußtseinsaspekt betrachtet, ist der Kosmos stets eine Einheit. Ein einziges Bewußtsein gibt es im Kosmos – das Bewußtsein der Monaden. Und in diesem gemeinsamen Bewußtsein hat jede Monade einen unverlierbaren Teil, sobald ihr individuelles Bewußtsein im Involutionsvorgang aktualisiert worden ist.

3Das Bewußtsein ist daher seiner Natur nach sowohl kollektiv wie individuell. Seine kollektive Natur ist die primäre. Das individuelle Bewußtsein ist sekundär und aus dem kollektiven entstanden.

4Um ein Gleichnis zu geben, ist der Ozean die primäre Natur des Wassers, die Wassertropfen, welche sich von ihm losmachen, sind sekundär. Das kosmische Gesamtbewußtsein ist eine Zusammenfassung des Bewußtseins aller Monaden, ebenso, wie der Ozean die Einheit aus allen Wassertropfen ist. Mit diesem Gleichnis kann man so weit kommen, wie es nur möglich ist, um die Natur des Einheitsbewußtseins zu begreifen; man muß es jedoch erleben, um zu verstehen.

5Jede Monade hat ihr individuelles Bewußtsein. Jedes zusammengesetzte Atom und Molekül hat außerdem sein gemeinsames Bewußtsein. Jedes Aggregat, jede Hülle, Welt, Planet, Sonnensystem hat sein Gesamtbewußtsein. Jede Materiezusammensetzung, wie lose und flüchtig sie auch sein mag und wenn auch nur aus zwei oder drei Atomen bestehend, hat ein gemeinsames Bewußtsein. Es gibt also ebensoviele Arten gemeinsamen Bewußtseins, wie es Arten von Materieaggregaten gibt. Jedes einzelne dieser unzähligen Bewußtseinskollektive hat auch seine eigene Erinnerung an alles, was es durchlebt hat. Es ist dies ein Gedächtnis, welches es weiterhin in jedem eingehenden Atom bewahrt gibt.

6Mit jeder höheren Welt in der Evolution und der Expansion (von Welt 49 und „aufwärts“) wird das Bewußtsein immer intensiver und umfassender, die Energien immer mächtiger und durchdringender. Deshalb bekommt die Monade während ihrer Evolution und Expansion mit jeder erreichten höheren Welt auch eine ganz neue Auffassung von der Wirklichkeit. Mit jeder höheren Welt erweitert sich die Perspektive ungeheuer, und die Auffassung der drei Wirklichkeitsaspekte in den niedrigeren Welten nimmt sich aus der Sicht der höheren Welten heillos begrenzt aus. Es war diese Tatsache, die ursprünglich mit der Redensart gemeint war, daß die Wirklichkeit „Illusion“ sei, nachdem es keine gemeinsame, für alle gültige Wirklichkeitsauffassung gibt, außer in der höchsten kosmischen Welt (Welt 1).

 

5.2  Kollektivwesen

1Jede Welt, jeder Planet, jedes Sonnensystem usw. hat also eigenes kollektives Bewußtsein. Materiell gesehen, stellt ein solches Kollektiv ein einheitliches Wesen dar. Es ist immer eine Hülle für eine Monade, welche in der Expansion einen beachtlichen Vorsprung (von mindestens einem Naturreich) vor den übrigen Monaden, die in die Hülle eingehen, hat. Diese Monade beherrscht die Hülle mit ihrem Bewußtsein und ist deren „Ich“. Die übrigen Monaden in der Hülle können auf untereinander weit getrennten Stufen in der Entwicklung stehen. Die Monaden in der Involution bilden kollektiv Hüllen für die in der Evolution. Die Monaden in der Evolution bilden kollektiv Hüllen für die in der Expansion.

2Ein Beispiel soll dies klarmachen. Alle Menschen machen zusammen ein Kollektiv aus. Wir sind keineswegs die Herren der Schöpfung, sondern haben in den grßöeren Zusammenhängen eine bescheidene Stellung. Unser menschliches Naturreich geht, zusammen mit den drei niedrigsten Reichen, einem fünften und einem sechsten – die Essential- und Manifestalreiche – in das Kollektivbewußtsein des Planeten ein. Laßt uns diese Gemeinschaft das planetare Wesen nennen. In diesem einheitlichen Wesen gibt es einen Brennpunkt höherer Intelligenz, welcher die weitere Evolution des Planetenlebens leitet. Es ist dies eine Monade, welche in ihrer Bewußtseinsexpansion schon längst nicht nur planetgebundenes Bewußtsein (46–49) hinter sich gelassen hat, sondern auch sonnensystemgebundenes (43–45). Tatsächlich hat diese Monade das dritte göttliche Reich (29–35) erreicht. Wir können diese Monade den „Gott“ unseres Planeten nennen, wenn wir wollen. In der Hylozoik zieht man die Bezeichnung Herrscher des Planeten vor.

3Um sich herum hat der Herrscher des Planeten einen Stab von Mitarbeitern. Dies ist die planetare Regierung, deren Mitglieder zumindest 42-Bewußtsein haben. Alles was innerhalb des Sonnensystems (43–49) geschieht, ist daher in ihrem Wissen und ihrer Fähigkeit eingeschlossen. Die planetare Regierung wiederum hat ein ausführendes Organ, eine weit verzweigte Organisation von Individuen, die dem fünften und sechsten Naturreich angehören. Das ausführende Organ wird die planetare Hierarchie genannt. Sie hat zur Aufgabe, den allgemeinen Plan für die Evolution des planetaren Lebens, den die planetare Regierung entworfen hat, durchzuführen. Gewisse Mitglieder der  planetaren Hierarchie haben freiwillig in der Menschheit inkarniert. Es sind diese, welche die esoterischen Wissensschulen gegründet und sodann geführt haben.

4Die Mitglieder der planetaren Hierarchie und der Planetenregierung leben nicht allein in ihren übermenschlichen Welten. Sie leben außerdem in der physischen Welt und haben individuelle physische Hüllen – nicht alle jedoch Organismen wie wir – um die Evolution in der schwierigsten der Welten besser überwachen zu können. Die Tatsache, daß deren individueller Materieaspekt (die Hüllen) ebenso begrenzt im Raum ist, wie unsere menschlichen Organismen, hindert nicht, daß ihr Bewußtseins- und Willensaspekt den ganzen Planeten umspannt und – betreffend die in den höheren Graden der Organisation – das ganze Sonnensystem und darüber hinaus. Die Fähigkeit der Expansion gehört zur Monade, nicht zu ihren Hüllen.

 

5.3  Der Weg des Menschen zur Einheit

1In allen Reichen der Manifestation ist das Bewußtsein eine Einheit. Dies gilt sowohl für die Involution wie auch die Evolution und Expansion. Jene Monaden, welche in ein Involutionswesen (einen Elemental) eingehen und es aufbauen, haben gemeinsames Bewußtsein. Der Elemental, die Monadenhülle, wirkt als eine Einheit. Die Monaden der Evolutionsreiche bilden Bewußtseinkollektive, auch sie. In den drei untermenschlichen Reichen ist das kollektive Bewußtsein an und für sich  wichtiger als das individuelle. Denkt nur mal an den Herdeninstinkt und unzählige andere Beispiele für den Artinstinkt, welche Ausdruck des kollektiven Bewußtseins in diesen Reichen sind.   

2Das Menschenreich ist das einzige Naturreich, wo sich das Individuum als isoliert von allem anderen Leben auffaßt. Diese Isolierung ist jedoch notwendig für die Entwicklung jener neuen Art von Bewußtsein bei der Menschenmonade, welche die Monade vom Menschenreich an prägt: Selbstbewußtsein, die Einsicht, ein eigenes Ich zu sein. Damit das Ich nicht im kollektiven Bewußtsein ertrinken soll, muß es sich auf einer begrenzten Stufe als etwas von allem anderen Getrenntes fühlen. Seine Individualität und Eigenart, die Fähigkeit, an seiner eigenen Wahrheit festzuhalten, muß entwickelt und gefestigt werden, und die kollektiven Interessen müssen bis auf weiteres zur Seite treten.

3Hier haben wir die Erklärung für vieles von dem, was der „Fluch des Menschen“ genannt worden ist. Die Unfähigkeit, sich mit anderen in ihrem Bewußtsein zu identifizieren, gefühllos dem Leid anderer gegenüber, trampelt der Mensch auf das gleiche Anrecht auf Dasein und Glück anderen Lebens. Der Mensch ist oft angriffslustig, brutal, grausam. Aber das grundlegende Ausgleichsgesetz im Dasein – wenn es sich im Bewußtseinsaspekt äußert, wird es Erntegesetz genannt – sieht dazu, daß er alles ernten muß, daß jegliches Leid, was er anderen verursacht hat, auf ihn mit gleicher Wirkung zurückkommt. Langsam und in der Regel auf dem Weg des Leidens kommt der Mensch zur Einsicht, daß das Gesetz der Einheit für das gesamte Dasein und für alles Leben gilt.

4In den übermenschlichen Reichen (von Welt 46 an) leben die Individuen wieder in Kollektiven mit gemeinsamem Bewußtsein. Aber diese essentiale (46) Einheit und die instinktive (47–49) Einheit in den untermenschlichen Reichen sind von ganz verschiedener Güte. Im Essentialreich ist das Individuum (gleich wie im Menschenreich) selbstbewußt. An dieses Selbstbewußtsein ist das Einheitsbewußtsein geknüpft, sodaß das Individuum das eigene individuelle Ich innerhalb des viel größeren kollektiven Ichs vernimmt. Es nimmt seine Selbstidentität ohne Isolierung von oder Opposition gegenüber anderen Individuen, selbst- und gruppenbewußt wie er selbst, im Kollektiv wahr. Die Essentialindividuen sind in ein höheres Bewußtsein eingetreten, wo die Zusammenarbeit und das Glück aller das einzig Wesentliche ist, wo die Erfahrungen jedes einzelnen von allen in der gemeinsamen Arbeit, alles niedrigere Leben zum essentialen Leben hinaufzuhelfen, geteilt werden.

 

5.4  Die Naturreiche und die Aktivierung

1Der Erwerb von Selbstbewußtsein der Monade im Menschenreich bedeutet sicherlich einen Verlust des instinktiven Kollektivbewußtseins, welches sie in den drei niedrigeren Naturreichen erworben hatte. Selbstbewußtsein ist aber eine Voraussetzung für die höhere Art des Einheitsbewußtseins, des essentialen (46). Auf diese Weise bedeuten die aufeinanderfolgenden Naturreiche bestimmte Abschnitte in der Evolution der Monade. Die niedrigeren Reiche sind Voraussetzung für die höheren und ehe das Individuum alles gelernt hat, was es in einem niedrigeren Reich zu lernen gibt, kann es nicht ins nächsthöhere übergehen.

2Der Übergang zu einem höheren Reich von einem niedrigeren ist endgültig. Eine Menschenmonade kann nicht wieder eine Tiermonade werden, ebensowenig wie eine Tiermonade zu einer Pflanzenmonade oder eine Pflanzenmonade eine Mineralmonade werden kann. Dagegen ist der Rückfall auf ein niedrigeres Bewußtseinsniveau im gleichen Naturreich immer möglich, darauf beruhend, daß in einer gewissen Inkarnation erworbene Eigenschaften und Fähigkeiten nicht ohne weiteres in einem späteren Leben aufs neue aktualisiert (wiedererinnert) zu werden brauchen.

3Die verschiedenen Naturreiche bilden eine ununterbrochene Kette vom niedrigsten physischen Bewußtsein (49:7) zum Bewußtsein im höchsten kosmischen Reich (1–7). Jedes höhere Naturreich ist die Blume und die Vollendung des nächstvorhergehenden, ist sein Ideal, unbewußt oder bewußt von denen im niedrigeren angestrebt. Der Mensch wird sich im Menschenreich immer unvollkommen fühlen, denn der vollkommene Mensch, der allseitig entwickelte und ausgeglichene Mensch ist der Übermensch, die Monade im Essentialreich.

 

5.5  Das Verwandlungsgesetz und das Formgesetz

1Jegliches Leben hat Form, von Atomen, Molekülen, Hüllen der Monaden bis zu Planeten, Sonnensystemen, Aggregaten von Sonnensystemen und dem ganzen Kosmos. Alle diese Formen gehorchen dem Gesetz der Verwandlung. Sie werden geformt, verändert, aufgelöst und aufs neue geformt. Dies ist unvermeidlich, nachdem keine Materieformen auf Dauer der abnutzenden Wirkung der durchströmenden kosmischen Energien widerstehen können. Die Uratome, welche diese Materiezusammensetzungen bilden, bekommen dadurch Gelegenheit, ständig neue Erfahrungen in neuen Formen zu machen. Alle lernen aus allem.

2Die Uratome (die Monaden) stehen auf unerhört verschiedenen Stufen in der Entwicklung ihres Bewußtseins. Die weit überwiegende Mehrzahl hat noch keine Möglichkeit zu selbständigem Bewußtsein. Sie bilden Hüllen für jene Minderheit von Monaden, welche die Hüllen in Besitz nehmen, zu Ichs in den Hüllen werden können. Die Hüllenmonaden werden von den unerhört kräftigeren Bewußtseinsschwingungen des Ichs beeinflußt, zu größerer Aktivität und klarerem Bewußtsein angeregt.Gleichzeitig dient die Hülle dem Ich, stellt das „Organ“ dar, welches das Ich für seine weitere Entwicklung braucht.

3Die Monaden sind das einzige Unzerstörbare im Kosmos. Es gibt keinen „Tod“, nur neue Formen für die Monade, um durch sie ihr Bewußtsein auszudrücken. Wenn die Form ihre zeitweilige Aufgabe für die Evolution der Monade erfüllt hat, wird sie aufgelöst.

4Das Formgesetz gilt für die Monade im Pflanzen-, Tier- und Menschenreich. Es besagt, daß die Monade nach Auflösung der Form (dem sogenannten Tode) eine neue gleichartige Lebensform erhält, und daß sich dieser Vorgang wiederholt, bis die Bewußtseinsentwicklung der Monade eine andersartige höhere Form verlangt, eine zweckmäßigere Möglichkeit, sich erweiterte Erfahrung zu verschaffen. Der Reihe nach immer höheren Formen werden von den Naturreichen bereitgestellt, wo jedes Reich auch mit sich führt, daß eine neue Hülle, eine Möglichkeit zu einer neuen höheren Bewußtseinsart, hinzukommt. Die Reihe der (vom Physischen an gerechnet) immer höheren Welten im Kosmos stellen immer mehr verfeinerte Lebensformen für die Monade während ihrer weiteren Evolution und Expansion bereit.

5Wenn die Monade das Menschenreich verläßt, um im übermenschlichen fünften Naturreich aufzugehen, verläßt sie auch alle ihre menschlichen Lebensformen, alle ihre fünf Hüllen. Auch die Kausalhülle wird dann aufgelöst. Im fünften Naturreich hat die Monade selbstgeschaffene Hüllen, zuerst aus Kausal- (47) und Essentialmaterie (46) allein, später auch eine Hülle aus Superessentialmaterie (45).

6Für die Monaden im Essentialreich gibt es keinen Zwang zu reinkarnieren, Lebensformen in den drei niedrigsten Welten (47–49) anzunehmen. Diese Ichs inkarnieren jedoch oft in der Menschheit, freiwillig, aus Liebe zu und Mitgefühl für die verirrte Menschheit, um unsere Führer und Lehrer zu werden. Die Geschichte hat die Namen nur einiger weniger solcher Individuen bewahrt und eine verzerrte Darstellung ihrer Arbeit gegeben.

 

5.6  Die drei niedrigsten Naturreiche

1Die drei untermenschlichen Reiche erreichen mit dem Menschen, welcher das vierte Naturreich vertritt, ihre Vollendung. Die Monaden im Mineral-, Pflanzen- und Tierreich aktivieren nach und nach physisches, emotionales und mentales Bewußtsein. Diese dreifache Bewußtheit hat der Mensch mit der niedrigeren Evolution gemeinsam. Er aktiviert sie schließlich zu menschlicher Vollendung: physisch 49:2, emotional 48:2, mental 47:4, worauf jedes niedrigere Bewußtsein durch das kausale 47:2,3 ersetzt oder in diesem zusammengefaßt wird.

2So ist es immer in der Evolution: eine niedrigere Art von Bewußtsein ist notwendig dafür, daß eine höhere aktiviert werden können soll. Sobald das höhere Bewußtsein wohl eingearbeitet ist, ersetzt dieses das niedrigere und reicht außerdem viel weiter. Das kausale Bewußtsein beinhaltet alles wesentliche an physischem, emotionalen und mentalen Bewußtsein, hat aber außerdem noch seine eigene beachtlich höhere Güte, größere Intensität und Durchdringungsfähigkeit. Dessen Wirklichkeitsauffassung ist auch unvergleichlich überlegen derjenigen jedweden niedrigeren Bewußtseins. Die Monade hat grobphysisches Bewußtsein (49:5-7) vom Mineralreich an, ätherisch-physisches Bewußtsein (49:2-4) vom Pflanzenreich an und emotionales Bewußtsein (48) vom Tierreich an. Dies bedeutet selbstverständlich, daß die Monaden in den verschiedenen Reichen entsprechende Materiehüllen haben. Die Mineralmonade hat eine unorganische physische Hülle. Die Pflanzenmonade besitzt außer dem Organismus auch eine Ätherhülle, und das Tier hat außerdem eine Emotionalhülle. Diese sind die individuellen Hüllen der Mineral-, Pflanzen- und Tiermonaden. Außerdem haben diese Monaden kollektiv und artweise Zugang zu höheren Hüllen, welche höheres Bewußtsein als das individuelle ermöglichen. Die einzigartige Hülle des Menschen ist die Kausalhülle (47:1-3).

3Welchem Naturreich die Monade angehört, wird also von der Anzahl individueller Hüllen bestimmt.

4Im Mineralreich ist das hauptsächliche Bewußtsein an die sichtbare physische Welt (49:5-7), welche die Mineralmonade nur subjektiv auffaßt, gebunden. Die Mineralmonaden lernen in der festen Materie (49:7), Unterschiede in Temperatur und Druck aufzufassen. In diesen Molekülarten werden die Schwingungen genügend massiv, so daß die Monade beginnen muß, den Unterschied zwischen äußerer und innerer Wirklichkeit, zwischen dem eigenen Bewußtsein und der Umwelt aufzufassen. Damit wird der Grund zur Aktivierung des objektiven physischen Bewußtseins (in 49:5-7), die ihre Vollendung im Tier- und Menschenreich erreicht, gelegt. Das Bewußtsein im Mineralreich äußert sich allmählich als Neigung zu Wiederholung. Nach unzähligen Erfahrungen wird sie zu organisierter Gewohnheit oder Natur. Das können wir in den unzähligen eigenartigen Formen des Mineralreiches sehen, zum Beispiel Eiskristalle, deren vollkommen symmetrische Formen auf durch Erinnerung und Gewohnheit ausgebildeter Eigenart beruhen. Wenn das Bewußtsein schrittweise zunimmt, entsteht ein Streben nach Anpassung.

5Das wichtigste Bewußtsein der Pflanzen ist das physisch-ätherische (49:2-4). Das bedeutet, daß sie das Wirken der physischen Lebensenergien im eigenen Organismus auffassen. Diese physisch ätherische Bewußtheit liegt beim Menschen normalerweise unter der Schwelle des Wachbewußten. Er vernimmt es mehr als Energie, physische Lebendigkeit oder Mangel an solcher, abhängig von wiederkehrender Ebbe und Flut der ätherenergien. Die Pflanzenmonaden streben danach, das erste schwache emotionale Bewußtsein aufzufassen. Sie lernen allmählich, emotionale Schwingungen aus der Umgebung aufzufassen und in diesen die zwei Grundemotionen wiederzuerkennen: Anziehung oder „Liebe“ und Abstoßung oder „Haß“. Dies bedeutet, daß die Pflanzen wahrnehmen, ob man sie liebt oder haßt.

6Das Bewußtsein ist auch im Pflanzenreich nahezu ausschließlich subjektiv. Die Auffassung der physischen Umwelt ist sehr mangelhaft. Erst im Tierreich, mit der Entwicklung von Nervensystem und Sinnesorganen des Organismus, wird eine ausgedehntere objektive Auffassung möglich. Wenn auch diese nur die drei niedrigsten Molekülarten der physischen Welt (49:5-7) betrifft, hat sie für die weitere Evolution, auch im Menschenreich, unerhörte Bedeutung. Erst mit dem objektiven Bewußtsein erlebt das Individuum die Gegensätzlichkeit zwischen sich selbst und der Umwelt so stark, daß sich Selbstbewußtsein entwickeln kann. Das objektive Bewußtsein ist also eine Voraussetzung für die weitere Evolution im Menschenreich.

7Das Tierreich bildet das emotionale Bewußtsein zu starker Aktivität aus. Die abstoßenden Emotionen beherrschen die Tiere und äußern sich als Furcht und Angriffslust, die durch das ganze Tierreich vorkommen. Gegen Ende des Aufenthalts im Tierreich zu und in seinen höheren Arten aktiviert die Monade die anziehenden Gefühle. Sie äußern sich in der Pflege der Nachkommenschaft und der Zuneigung der Haustiere zum Menschen. Auf den höchsten Niveaus des Tierreichs wird auch eine erste mentale Individualbewußtheit (47:7), die wir in der Gelehrigkeit der höchsten Tierarten und ihrem Streben, die Menschen zu verstehen, merken, aktiviert.

 

5.7  Die Gruppenseelen und die Transmigration

1Der Übergang der Monaden vom Mineralreich zum Pflanzenreich, vom Pflanzenreich zum Tierreich und vom Tierreich zum Menschenreich wird Transmigration genannt. Diese kann nie nach rückwärts verlaufen. Daß biologische Arten entarten, bedeutet nicht, daß die Monaden in diesen Formen in der Evolution zurückfielen, sondern ist eine Erscheinung, welche allein die materiellen Formen berührt. Die Monaden gehen weiter in neuen Formen höherer Arten.

2Um in ein höheres Naturreich transmigrieren zu können, muß die Monade lernen, Schwingungen einer höheren Materieart, als sie die Monade bisher aktiviert hat, zu empfangen und sich an sie anzupassen: im Mineralreich ätherische, im Pflanzenreich emotionale und im Tierreich mentale. Um ins übermenschliche fünfte Reich übergehen zu können, muß der Mensch lernen, sowohl kausale wie essentiale und superessentiale (47–45) Schwingungen zu empfangen und sich an sie anzupassen.

3Anfänglich ist die Monade für diese Schwingungen unempfindlich. Da dienen sie nur dazu, die Hüllen zu beleben. So ist die Gesundheit des Menschen abhängig davon, daß zweckmäßige Energien aus der Kausalhülle alle die niedrigeren Hüllen und letzten Endes den Organismus mit der Ätherhülle beleben. Allmählich lernt er, den Bewußtseinsinhalt dieser Kausalenergien als mächtige Ideen aufzufassen. Und wenn die Menschenmonade zuletzt mit ihrem normalen Wachbewußtsein in dieser Art von Bewußtsein leben kann, hat sie den Schritt hinüber ins Reich der Übermenschen getan.

4Indem die Minerale von Pflanzen aufgesaugt werden, dürfen die Mineralmonaden den Vitalisierungsvorgang in den Ätherhüllen der Pflanzen erleben und in Ätherschwingungen baden. Damit lernen die Mineralmonaden Empfang und Anpassung an Ätherschwingungen (mit 49:4 als niedrigster). Das ist eine Voraussetzung für den Übergang zum Pflanzenreich. Die Pflanzenmonaden entwickeln sich am raschesten, wenn ihre Lebensformen von Tieren und Menschen verzehrt und die Monaden damit den starken emotionalen Schwingungen der höheren Wesen ausgesetzt werden. Dagegen wird die Evolution der Tiermonaden nicht begünstigt, wenn der Mensch Tiere verzehrt. Die Transmigration zum Menschenreich geschieht nämlich nicht auf ähnliche Weise wie zum Pflanzen- und Tierreich, sondern setzt eigene Anstrengung der Monade voraus. Im Gegenteil, tierische Kost arbeitet der Verfeinerung von Organismus und Ätherhülle des Menschen entgegen und erschwert damit die natürliche Aktivierung ätherisch-objektiven Bewußtseins (49:2-4), des sogenannten ätherischen Sehvermögens.

5In den drei niedrigsten Naturreichen bilden die Monaden sogenannte Gruppenseelen. Eine Gruppenseele ist eine gemeinsame Hülle für eine Gruppe Monaden, die sich in ihrem Reich auf gleichem Niveau befinden und der gleichen Art angehören. Während der Zeit zwischen den Inkarnationen ist die Monade in der Gruppenseele eingeschlossen. Wenn die Monade in einem neuen Organismus inkarniert, wird sie in individuelle Hüllen aus der Materie der Gruppenseele gekleidet. Nach dem Ende der Inkarnation wird die Monade zurück zur Gruppenseele gebracht und ihre individuellen Hüllen lösen sich in dieser auf. Die von der Monade während der Inkarnation gemachten Erfahrungen entsprechen dem Bewußtsein in Emotional- und Mentalmolekülen, welche die Monade ihren Hüllen einverleibt hat. Wenn diese Hüllen dann in der Gruppenseele aufgelöst werden, wird diese durch die neuen Moleküle bereichert und die individuellen Erfahrungen kommen allen Monaden in der Gruppe zugute. Auch während der Inkarnation stehen die Monaden in magnetischem Kontakt mit ihrer Gruppenseele und haben Teil an deren gesammelter Erfahrung. Dies ist die Erklärung der Hylozoik für den Artinstinkt, einer sonst unerklärlichen Erscheinung.

6Drei Arten von Gruppenseelen oder Gemeinsamkeitshüllen gibt es: Mineral-, Pflanzen- und Tiergruppenseelen. Im Mineralreich sind die Äther-, Emotional- und Mentalhüllen gemeinsam für die Gruppe und nur die grobphysische Form ist individuell. Im Pflanzenreich sind die Emotional- und Mentalhüllen gemeinsam. Im Tierreich bestehen die Gruppenseelen aus den Mentalhüllen allein. Das Tier hat also drei eigene Hüllen: Organismus, Ätherhülle und Emotionalhülle.

7Je höher eine Tierart in der Evolution steht, desto weniger Individuen gehen in die Gruppenseelen der Art ein.

8Das Verfahren mit Gruppenseelen erleichtert die Evolution der Monaden in diesen niedrigeren Naturreichen, wo die Materie am trägsten und die Bewußtseinsaktivierung deshalb am schwierigsten ist, ganz außerordentlich. Ohne die gemeinsame Aktivierung der Gruppenseele würde das Individuum ausschließlich auf seinen individuellen Einsatz für seine Evolution angewiesen sein. Dieser würde auf diesen frühen Stufen der Selbstaktivierung allzu klein sein, und die Evolution in diesen Reichen unverhältnismäßig lange Zeit in Anspruch nehmen.

9Die Transmigration der Monaden vom Mineral- zum Pflanzenreich und vom Pflanzenreich zum Tierreich geschieht unmerklich und automatisch.

10Ihre Transmigration vom Tierreich zum Menschenreich ist eine ganz andere Sache. Diese wird Kausalisierung genannt und bedeutet, daß die bisherige Tiermonade eine Kausalhülle (47:1-3), eine individuelle Hülle erhält. Diese Kausalhülle umschließt die neu gewordene Menschenmonade, ist deren eigentliche menschliche Hülle und kann niemals in einem Tierorganismus inkarnieren. Kausalisierung setzt stärkstmögliche Anstrengung, deren ein Tier mächtig ist, höchstmögliche emotionale und mentale Kapazität voraus. Kausalisieren können deshalb nur die höchstentwickelten Individuen der höchststehenden Arten: Affe, Elefant, Hund, Pferd und Katze. Diese fünf Arten bilden auch Gruppenseelen mit sehr wenigen Individuen.

 

5.8  Das Menschenreich

1Das Menschenreich ist das vierte Naturreich. In der Entwicklung der Monaden ist es jener größere Abschnitt, welcher sich von höchstmöglicher tierischer Fähigkeit zur höchsten menschlichen Kapazität erstreckt – oder bis zur niedrigsten übermenschlichen, wenn man die Sache so ausdrücken will. In Bewußtseinshinsicht gibt es keine endgültige Grenze zwischen den Tieren und den Menschen. Denn der neukausalisierte Mensch ist oft weniger intelligent als die höchststehenden Individuen im Tierreich, hat es schwerer als sie, sich im Dasein zurechtzufinden, deshalb, weil er durch die Kausalisierung jenes gemeinsame Bewußtsein, welches die Gruppenseele ermöglichte, verloren hat. Was den Menschen endgültig vom Tier trennt, ist statt dessen die Kausalhülle, die einzige unsterbliche Hülle („Seele“) der Monade durch alle Inkarnationen im Menschenreich.

2Auf welcher Stufe in seiner Entwicklung der Mensch auch stehen mag, welchem Geschlecht, welcher Rasse, Nation, Religion er auch angehören mag, so hat er also eine „unsterbliche Seele“. Damit hat jeder Mensch gleich großes Anrecht auf Leben, Freiheit, und persönliche Unkränkbarkeit wie alle anderen, das Recht, von allen wie ein Bruder betrachtet und behandelt zu werden.

3Das gleiche Recht aller Menschen bedeutet jedoch nicht Gleichheit in dem Sinn, daß alle auf gleichem Entwicklungniveau stünden. Es besteht ein ebensogroßer Unterschied im Bewußtsein zwischen einem neukausalisierten Menschen und einem Menschen, der im Begriff steht, ins fünfte Naturreich überzugehen, wie zwischen der niedrigsten und der höchsten Art im Tierreich. Das Menschenreich umspannt ein sehr breites Register von verschiedenen Arten niedrigerer und höherer emotionaler und mentaler Bewußtheit. Während ihrer Evolution als Mensch in zehntausenden Inkarnationen bekommt die Monade Gelegenheit, die verschiedenartigsten Erfahrungen zu machen, die Mitmenschen von allen ihren Seiten kennenzulernen, in Lagen aller Art zu sein und zu wirken, an Schändlichkeiten aller Art teilzunehmen und solchen ausgesetzt zu werden und so weiter.

4Der Weg der Monade durch das Menschenreich besteht aus einer langen Reihe von immer höheren Niveaus. Die Niveaus sind 777 an der Zahl, gleichzeitig eine sinnbildliche und eine wirkliche Zahl. Die 777 Niveaus werden in fünf hauptsächliche Stufen nach den Bewußtseinsarten, die auf der betreffenden Stufe der Reihe nach aktiviert werden, zusammengefaßt:

    

           Stufe

     Anzahl Niveaus

    Wichtigstes Bewußtsein

      Barbaren-

              400

niederes emotionales

      Zivilisations-

              200

niederes emotional–mentales

      Kultur-

              100

höheres emotionales

      Humanitäts-

                80

höheres mentales

      Idealitäts-

                  7

kausales

5Für jedes Niveau wendet der Mensch mehrere Inkarnationen an. Die Anzahl hängt davon ab, wie viel Zeit er dafür braucht, zu lernen, was das aktuelle Niveau bezweckt. Auf den niedrigsten Niveaus ist noch alles Menschliche zu lernen übrig. Jene Erfahrungen, die gemacht werden und jene Eigenschaften, die hier entwickelt werden, sind solche, die von der herrschenden Lebensunkenntnis „schlechte“ genannt werden. Das esoterische Lebenswissen sieht aber tiefer, weiß, daß alle solche Erfahrungen notwendig sind, nachdem sie notwendiges Lerngut mit sich führen. Dieses Lerngut würde andernfalls nicht erworben worden sein. Es ist auf diesem Niveau das einzig mögliche, und dank ihm konnte sich der Mensch zum nächsthöheren Niveau weiterentwickeln.

6Den Schluß, welchen man daraus ziehen kann, ist, daß unseren wechselseitigen moralischen Beurteilungen Berechtigung fehlt, weil sie auf Haß und Unkenntnis bauen. Wir Menschen sind weder gut noch schlecht im absoluten Sinn. Wir stehen auf einem gewissen Niveau, haben sowohl gute wie schlechte Eigenschaften, die zum Niveau gehören, entbehren aber einstweilen noch der immer besseren Eigenschaften der immer höheren Niveaus. Nach dem Gesetz des Guten folgt der Mensch dem höchsten Guten, das er wirklich einsieht und versteht, nicht aus äußerem Zwang und Pflicht, sondern deshalb, weil es tun zu dürfen für ihn ein Bedürfnis und eine Freude ist. Was Individuen auf niedrigeren Stadien für recht und gut halten, nimmt sich für jene auf höheren Stufen als dürftige Ideale aus, geradezu unrechte und böse. So muß es jedoch sein, wenn es Niedrigeres und Höheres gibt und wenn ständige Entwicklung zum Höheren hin eine Tatsache ist.

7Das Entwicklungstempo im Menschenreich ist verschieden auf unterschiedlichen Stufen. Es geht beachtlich langsamer auf den beiden niedrigen Stufen, wo die Menschen nicht von sich selbst aus ihre höheren Anlagen entwickeln wollen, als auf den höheren, wo die Einsicht, daß der Sinn des Lebens Entwicklung des Bewußtseins ist, immer stärker wird. Auf der Barbarenstufe erfordert es in der Regel 100 Inkarnationen oder mehr für jedes Niveau. Mit der weiteren Evolution wird das Tempo beschleunigt, sodaß die ganze Idealitätsstufe mit 7 Inkarnationen abgearbeitet werden kann: eine per Niveau. Große Unterschiede herrschen zwischen verschiedenen Individuen. Diejenigen, welche sich instinktiv nach den Lebensgesetzen für Freiheit, Einheit und Entwicklung allen Lebens richten, lernen schneller und kommen rascher weiter. Jene, die sich auf Kosten anderen Lebens selbst behaupten wollen, verzögern ihre Evolution unbegrenzt.

8Die Evolution des Menschen wird von sieben grundlegenden Lebensgesetzen gelenkt. Diese sind die Gesetze von der Freiheit, Einheit, Selbstverwirklichung aller Menschen, gemeinsamen Schicksals- und Erntebeziehungen, Selbstaktivierung. Je eher der Mensch diese Lebensgesetze zu verstehen und anzuwenden sucht, desto besser geht es für ihn sowohl als Individuum wie auch in Beziehung zu anderen. Im esoterischen Sinn ist Kultur dasselbe wie Leben nach den Lebensgesetzen, unbewußt oder bewußt angewandt. Um die Lebensgesetze verstehen zu können, muß man sie zuerst angewendet haben. Es geschieht auf der Kulturstufe (der höheren Emotionalstufe), daß das Bedürfnis an, die Sehnsucht nach einem solchen Leben zum ersten Mal erwacht. Auf der Humanitätsstufe (der höheren Mentalstufe) wird die emotionale Sehnsucht nach solch einem Leben mit mentalem Verständnis für seine Voraussetzungen unterbaut: ausgeglichene Einsicht in die Natur der Lebensgesetze, ihre Ausdrucksweise und ihren Zweck. Auf der Idealitätsstufe wird die Verwirklichung am wirksamsten. Der Mensch hat dann genügend Wissen und Fähigkeit erworben, um sich zum menschlich gesehen Idealen umzuformen. Noch immer befinden sich etwa 85 Prozent der Menschheit auf der Barbaren- und Zivilisationsstufe, wo der Egoismus und die physischen und niedrigeren emotionalen Interessen die herrschenden Beweggründe sind, und wo das Interesse für die Lebensgesetze und die Aktivierung des Bewußtseins schwach oder gar nicht da ist.

                

5.9  Das Wissen um die Entwicklungsstufen

1Das Wissen um die Entwicklungsstufen des Menschen gehört zum Wichtigsten in der Hylozoik, nachdem es Perspektive dafür gibt, was wir sind und wohin wir auf dem Weg sind. Das ganze Menschenbild in Wissenschaft, Theologie, Philosophie, Psychologie, Pädagogik und Politik wird verzerrt bleiben, bis man die grundlegenden Wahrheiten von Wiedergeburt, Evolution des Bewußtseins, verschiedene Stufen der Evolution und von den Lebensgesetzen angenommen haben wird.

2In unserer Zeit gilt es als selbstverständliche Wahrheit, daß alle Menschen gleich sind. Von Anfang an meinte man damit nur, daß alle gleich vor dem Gesetz sein sollten und niemand Rechte ohne entsprechende Verpflichtungen, d.h. Vorrechte aufgrund von Geburt, Vermögen, Religion, Nation, Rasse, Geschlecht usw. innehaben dürfte. Diese Gleichheitsforderungen werden auch von den Lebensgesetzen gestützt. Sie sind noch immer weit von der Erfüllung entfernt und wir alle mögen unser Bestes dafür tun, daß sie erfüllt werden sollen. Was aber nicht zu der ursprünglichen Idee gehört, sondern eine Verdrehung von ihr ist, ist die Auffassung, alle Menschen würden im Großen und Ganzen mit den gleichen Voraussetzungen geboren und ganz besonders, daß die Umgebung während der Jugendjahre den Menschen zu dem forme, was er ist. Das Ergebnis einer solchen Verirrung ist geworden, daß man danach strebt, die natürlichen Unterschiede zwischen den Individuen auszugleichen. Dies sehen wir deutlich im heutigen Schulsystem. Die Erzieher unserer Zeit haben keine Ahnung von den unerhörten Niveauunterschieden auch zwischen jungen Menschen im gleichen Alter.

3Sicherlich muß der Mensch in jeder Inkarnation in großen Zügen seine vorhergegangene Entwicklung im Menschenreich wiederholen. Das bedeutet, daß ein Mensch, der in vorhergehenden Leben die Humanitätsstufe erreicht hat, diese vielleicht wieder im Alter von etwa 35 Jahren wiedererreicht, nachdem er die Barbaren- und Zivilisationsstufe in der Kindheit und die Kulturstufe in den Jugendjahren abgearbeitet hat. Es versteht sich von selbst, daß dieser Wiedererwerb des Latenten rascher und weniger schmerzhaft mit verstehenden Eltern und Lehrern geschehen könnte.

4Es wird also eine Aufgabe für die Erzieher der Zukunft werden, in einem Jahrgang von Kindern, die alle mit den Problemen der Barbaren- und Zivilisationsstufe ringen, jene herauszusuchen, die latent auf der Kulturstufe, einige geradezu auf der Humanitäts- und Idealitätsstufe sind und ihnen verschiedenen Unterricht nach ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und unterschiedlicher Möglichkeit zu Verständnis zu geben. Die Politiker der Zukunft, mit fest gegründeten Einsichten in die Wirklichkeit der Entwicklungsstufen, werden Gesetze stiften mit dem Ziel, das Bewußtsein jedes einzelnen auf seinem Niveau zu fördern. Sicherlich wird die „Ungleichheit“ dadurch größer, aber nicht dadurch, daß jemand weniger zu seinem Recht kommen kann, sondern dadurch, daß viele mehr zu ihrem Recht kommen als bisher. Alle haben Nutzen davon und Freude daran, nachdem „die vielen morgen desto weiser werden, je weiser die wenigen heute sind“, jene wenigen, welche stets die Führer,  Lehrer und Beispiele für die vielen gewesen sind.

5Das Wissen um die Entwicklungsstufen des Menschen erklärt vieles, was sonst psychologisches Rätsel verbleibt. Weshalb sind die Menschen so ungleich, haben so verschiedene Breite und Tiefe in Verständnis, unterschiedliche Fähigkeit zu handeln und zu verwirklichen? Weshalb sind manche ausgeprägte Egoisten, wogegen andere ihr Leben dem Dienst an etwas, das größer als sie selber ist, weihen? Die Antwort liegt ganz natürlich in verschiedenem Alter im Menschenreich, verschiedenen Entwicklungsstufen.

6Es möge ganz klar ausgedrückt werden, daß Entwicklungsstufen nicht dasselbe wie Ausbildungsstufen sind. Es gibt genug Beispiele von ungelernten Menschen auf höheren Niveaus, die beträchtlich größeres Lebensverständnis und gesunden Menschenverstand als Gelehrte auf niedrigeren Niveaus haben. Entsprechendes gilt von den wirtschaftlichen Klassen der Gesellschaft. Es gibt Individuen sowohl auf höherer wie auf niedrigerer Stufe in allen Klassen und Sozialgruppen. Um die Wirklichkeit der Entwicklungsstufen zu verstehen, müssen wir von oberflächlichen, physischen Beurteilungsgründen wegkommen, lernen, den inneren Menschen zu sehen. Man kann sagen, daß die Entwicklungsstufe im Großen und Ganzen aus der Auffassung des Individuums von Recht und Unrecht, seiner Einsicht in die Mitverantwortung für alles, was geschieht, seiner Fähigkeit selbstlosen Handelns hervorgehe.

7Wenn das Wissen von den Entwicklungsstufen mehr zum Allgemeingut werden wird, wird es dem Menschen zu rascherer Entwicklung verhelfen, nachdem er dann einsieht, daß jede Stufe ihren relativen Wert und ihre unvermeidliche Begrenzung hat. Es gilt, die ganze Zeit weiterzustreben, nicht auf erreichtem Niveau festzufahren und es als endgültig anzusehen. Die Emotionalstufe kann schneller abgearbeitet werden, wenn man einsieht, daß das Gefühl nicht alles ist, daß der Mystiker oder der Heilige keine unfehlbare Autorität in Wissensfragen  ist nur deshalb, weil er emotional so veredelt, so "wunderbar", ist. Danach, auf der Mentalstufe, kann der Mensch sich die Neigung abgewöhnen, sich auf seinen überlegenen Intellekt zu verlassen, alles ohne ausreichende Tatsachen zu verstehen und zu beurteilen, wenn er erfährt, daß es einen noch höheren Intellekt gibt, den kausalen mit einer Fähigkeit direkten Wissens, welche dem mentalen Intellekt nicht eignet.    

8Unter anderem geht der Wert der Hylozoik daraus hervor, daß sie die Relativität und Begrenzung aller Stufen aufzeigt, aber auch – innerhalb dieses Rahmens – deren unverlierbare Werte. Der Physikalist sagt, der Mensch sei ein Tier. Der Mystiker sagt, der Mensch sei Gott. Der Hylozoiker weist beide Behauptungen als unwahr ab, weist an ihrer Stelle auf ein uraltes Wissen um den Menschen als ein Wesen unter Evolution hin, ein Wesen mit dem Tier latent (nachdem er einmal Tier gewesen ist) und dem Gott potentiell (nachdem er Gott werden wird). Der Mystiker macht ebenso wie der Yogaphilosoph den Gedankenfehler, Aktuelles (Verwirklichtes) und Potentiellen (Mögliches) durcheinanderzubringen.

 

Der obige Text ist dem Buch Die Erklärung entnommen. Copyright © by Lars Adelskogh 2007.